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Rechtschreibreform

Rechtschreibreform ist eine Falschschreibreform

 

Ein Wort, das falsch geschrieben wird, wurde nicht richtig durchdacht.

 

 


Die "Rechtschreibreform" wurde z.B. nicht richtig durchdacht, es ist eine "Falschschreibreform" geworden nach dem Motto: "Wir richten uns nach dem niedrigsten Niveau der Rechtschreibung", sprich: erste Klasse Volksschule.

 

 

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Bemerkungen zur sogenannten "Rechtschreibreform":

Zunächst: ich halte eine Rechtschreibreform für dringend notwendig, weil die letzte Rechtschreibreform von 1901 nach 100 Jahren endgültig konsequent zu Ende geführt werden sollte und weil sich die Sprache weiterentwickelt hat. Man könnte z.B. eing großes "ß" erfinden, weil die Umsetzung selbst von Eigennamen nicht nur unschön ist sondern auch den Namen verfälscht. Frisör statt Friseur war in Berlin schon längst Usus. Man könnte da aber festlegen: sowohl als auch, dann ist es kein Rechtschreibfehler. Aber das internationale "Stop"in der Rechtschreibung nicht aber als Verkehrszeichen zu bestimmen ist nicht richtig durchdach und eigenbrödleris eigenbrödlerisch. So ist jetzt der "Stopppunkt" am Stopschild. Man könnte z.B. Großbuchstaben in langen Wortkombinationen erlauben: "Donauschifffahrtsgesellschaftsgeschäftführungsassistentin" in "DonauSchiffahrtsgesellschaftsGesellschaftsgeschäftsführerAssistentin", dann stolpert man beim Lesen nicht so stark. Die Amerikaner, die ansonsten alles klein schreiben, machen uns das vor: "PageMaker", " PhotoShop", "BackCover", InsideCover", "CdLabel", "MusicMatch" usw. oder die Kommaregelungen zu vervollständigen: im Zweifelsfall Kommata so setzen daß der Sinngehalt klar wird und derlei "Fehler" nicht mehr als Fehler zu werten. Diese Liste ließe sich lang fortsetzen. Aber nichts von allemdem, keine Reform sondern eine Rückführung in das unterst erreichbare Niveau der Grundschule (ehem. Volksschule: acht mal die erste Klasse mit Erfolg besucht...).

 

 

 

Eine Rechtschreibreform sollten Fachleute bestimmen, nicht Politiker


Nehmen wir das Beispiel Denkmal. dort stand bisher als Plural Denkmale, häufiger Denkmäler, nicht aber einigemäler, nicht manchmäler, nicht einmälig, nicht Muttermäler usw. und Generäle statt Generale. "Generale" ist die Abkürzung für "Generale Offiziere", es gibt aber keine generälen Offiziere. Wer soll sich da noch zurechtfinden? Die FalschreibKommission handelte offensichtlich nach dem Grundsatz: Freßt Scheisse, Milliarden Fliegen können sich nicht irren
Es ist doch jedem klar: höchstens 25% (viel zu wenige) der Deutschen beherrschen die deutsche Sprache wirklich. Jetzt müssen diese 25% auch alles falsch schreiben: große Verwirrung dort. Ich habe an die 40 Jahre gelehrt (Lehraufträge, Gastprofessur, Dozent) an der Universität der Künste Berlin. Wir alle gemeinsam, Studenten, Dozenten, Professoren und Verwaltung haben lange gekämpft für die Abschaffung der Studiengebühren in Berlin. Unser "Wowi" hat's gemacht, danke Kläuschen! Berlin ist vorbildlich, unsere UdK Berlin ist vorbildlich. Jetzt ist Bayern neidisch: nachdem Bayern 38 Jahre vom Ausgleich kassiert hat muß es jetzt seit 8 Jahren in den Ausgleich bezahlen. Geschieht dem Populisten Seehofer (heterosexuell veranlagt) recht: schafft die Studiengebühren ab wie Berlin, dann müßt Ihr weniger bezahlen.

Ich halte die jetzige Rechtschreibreform für miserabel und dilettantisch, weil sie ihr Vorhaben, die Rechtschreibung zu vereinfachen eben gerade nicht erreicht hat. Sie hat vielmehr das meiste auf den Stand von vor 1901 zurückgeführt. Regeln wurden abgeschafft, wodurch mehr Irregularitäten entstanden sind, was schwerer zu lernen ist. Die Schwierigkeit der deutschen Sprache liegt ja auch nicht in den bisherigen Regeln der Rechtschreibung sondern eher in der Grammatik. Die Schreibweise wurde durch die neue Regellosigkeit und Willkür komplizierter, weil sie inkonsequent ist, weniger logisch und somit schlechter erfaßbar. Die Sprachlogik, die linguistische Historik, die Semantik und die Sprechwissenschaften wurden völlig mißachtet, diese Rechtschreibreform wurde somit eine Falschschreibreform und zudem eine Sprachreform, einige Begriffe sind nämlich aus der Sprache gestrichen worden, vieles ist nicht mehr differenzierbar, die Sprache verarmt. Eine Sprache muß aber von selbst wachsen und kann nicht per Politik (durch sprachwissenschaftlich nicht qualifizierte Kultusminister) verordnet werden, weil Politiker (besonders auch Kultusminister) keine Fachleute sind für deutsche Sprache.

 

Rechtschreibreform ist dilettantisch

Die neue Schreibweise ist unschön, und man muß genau mitzählen, um nicht aus Versehen 3 oder 4 " s " " "f" oder "s" " hintereinander zu schreiben, zudem für Nichtdeutsche die deutsche Sprache viel schwieriger als vorher:
Flussschifffahrt - Missstand - Schlussszene - Imbissstube - Nachlasssache

Die Rechtschreibreform sollte es den Schülern erleichtern, damit sie weniger Fehler machen (Lernen sollte man aber tunlichst keinem ersparen). Das Gegenteil wurde erreicht. Durch weniger Rechtschreibregeln wurde die Rechtschreibung nicht leichter sondern schwieriger. Die Widersprüchlichkeiten der neuen Rechtschreibregeln haben dazu geführt, daß die Fehlerzahl in Schülerarbeiten nachweislich gestiegen ist. Es kommen neue, bisher nicht gekannte Fehler hinzu. Um bei rechtschreibunkundigen Kindern bessere Noten zu erzielen bräuchte man auch keine Rechtschreibreform. Dazu hätte eine einfache Verordnung der Kultusminister genügt, etwa: Schreibfehler mit dem scharfen "ß" werden nicht bewertet... oder so ähnlich.

Nur einige Punkte herausgegriffen:

 

 

  1. "Sextanten" gibt es auf jedem Schiff
    Sechs Tanten gibt es auf jedem Schiff
    Sex-Tanten gibt es auf jedem Schiff
    Was davon ist nun zutreffend, und wer weiß überhaupt noch was ein Sextant ist?
    Und was ist überhaupt ein "Sextaner"? - Ist das eine pädophile Bezeichnung für Sex mit "Tanern"? - oder für Knaben in der sechsten Klasse? Vermutlich kennt die Mehrzahl der Deutschen den Begriff "Sextaner" gar nicht, weil sie es niemals bis in eine Sexta geschafft haben. Und nun sollen wir uns alle nach den Volksschülern richten?
     
  2. Verdoppelung der Konsonanten um anzuzeigen, daß der Vokal kurz gesprochen wird: "dass" und "Tipp".
    Wir sollen jetzt schreiben: "Tipp" aber "Typ"
    Wir sollen jetzt schreiben: "Tipp" aber nicht "Topp" (oder doch?)
    Wir sollen jetzt schreiben: "Tipp" aber nicht "tipptopp" (oder doch?)
    Wir sollen jetzt schreiben: "Fuss" (mit kurzem "u"?) es handelt sich aber um Fuß mit langem "u".
    Wir sollen jetzt schreiben: "Füsse" (mit kurzem "ü" wie die Stadt Füssen) es handelt sich aber um Füße mit langem "ü".
    Wir sollen jetzt schreiben: "gross" (mit kurzem "o") es handelt sich aber um groß (oder kross, oder gross?). Kross kann nur ein Brötchen sein, das knusprig gebacken wurde.
    Wir sollen jetzt schreiben: "Strasse" (mit kurzem "a" wie "Gasse") es handelt sich aber um eine Straße (oder Strahse?)
    Wir sollen jetzt schreiben: "Grüsse" (mit kurzem "ü" wie die Stadt "Füssen") es handelt sich aber um Grüße (mit langem "ü")
    Wir sollen jetzt schreiben: "Stopp" aber auf allen Verkehrsschildern steht "Stop".
    Wir sollen jetzt schreiben: "Tipp" aber nicht "Hallt" für "Halt".
    Die Paradebeispiele "Tipp" und "dass" sind inzwischen offensichtlich die einzigen übriggebliebenen Restregeln der neuen Falschschreibung. Aber auch "Tipp" ist falsch (da die Regel der Verdoppelung des Konsonanten bei kurzem Vokal nicht durchgängig durchgeführt wird) und "dass" ist falsch, man müßte (historisch gesehen) nämlich "dasz" schreiben wie vor 1901.
    Ich habe als Sextaner gelernt: »Daß das "das" das "daß" nicht ist, das weiß jedermann.« 
    War leicht zu merken. Meine heutigen Studenten verwechseln pausenlos "das" mit "dass", weil es keine Regel mehr gibt, die man sich merken kann. (Ernst Jandl: Es gibt Leute, die velwechsern lechts mit rinks. Werch ein Illtum.)
    Der Artikel "das" wird nämlich mit langem "a" gesprochen, "daß" wird mit kurzem "a" gesprochen. Die Schreibweise mit "s" oder eben "ß" hat rein linguistische Gründe, keine sprechtechnischen Gründe. Die Reformer waren weder Sprechtechniker noch Linguisten. Wenn es richtig wäre, daß ein "scharfes S" (ß) den Vokal dehnt müßte somit der Artikel "das" mit scharfem "S" geschrieben werden: also "daß": "daß" Essen, "daß" Leben, "daß" Allgemeine, "daß" richtige Schreiben, wir müßten anstatt "Gras" auch schreiben "Graß", anstatt "was" schreiben "waß", alles völlig unsinnig und inkonsequent ...
  3. Wenn jetzt "Eis laufen" vorgeschrieben ist verstehe ich darunter, dass das Eis läuft. Dieses tut nur das Speiseeis (oder speise Eis?) Wenn wir schreiben sollen "Eis laufen" müssen wir auch sagen "an Halten" (statt "anhalten") und die Ernte "ein Fahren" (statt "einfahren") und "ein Fahrt verboten" (statt "Einfahrt verboten"). Dies sind alles Willkürlichkeiten, erfunden von einer Kommission von Unsachverständigen. Darin waren keine Schriftsteller, keine Verleger, kein Journalisten, keine Professoren, keine Linguisten, keine Semantiker, keine Sprechwissenschafter, keine Historiker, keine Rhetoriker, offensichtlich nur Politiker und solche, die es werden wollen und vielleicht Volksschullehrer (nichts gegen Volksschullehrer, sie sind jedoch keine Experten für die deutsche Sprache). Die gesamte Kommission und die sich daraus ergebende Falschschreibreform ist übrigens exakt gegen die Absicht des alten Herrn Duden, "der Duden" ist sich selbst also untreu geworden. - Schande auf alle Beteiligten.
    Prof. Dr. Peter Eisenberg (Uni Potsdam, war Mitglied der "Zwischenstaatlichen Kommission" für deutsche Rechtschreibung, die er aus Protest verließ) sagt deswegen zu Recht: Man hätte einfach auf die ganze Reform verzichten sollen.
     
  4. Durch die veränderte Schreibweise wandelt sich die Bedeutung der Wörter und Sätze. Viele Begriffe werden aus der Schriftsprache entfernt:
    bisher
    Neuschrieb
    alles beim alten lassen
    (beibehalten)
    alles beim Alten lassen
    (beim alten Herrn lassen)
    er tut mir leid
    (ich bedaure ihn)
    er tut mir Leid
    (er fügt mir Leid zu)
    das Schwarze Brett
    (Anschlagtafel)
    das schwarze Brett
    (Brett von schwarzer Farbe)
    das Hohe Haus
    (Parlament)
    das hohe Haus
    (das nicht niedrige Haus / Gebäude)
    schiefgehen
    (mißlingen)
    schief gehen
    (schräg gehen)
    schwerwiegend
    (z.B. ein sehr bedeutsamer Fehler)
    schwer wiegend
    (das Problem ist einige Zentner schwer oder: es ist schwer/schwierig, das Problem auf einer Waage zu wiegen)
    wohlgetan
    (gut getan)
    wohl getan
    (vermutlich getan)
    schlechtmachen
    (kritisieren)
    schlecht machen
    (pfuschen)
    Der Vater empfahl, dem Lehrer nicht zu widersprechen.
    (Der Vater empfahl - vermutlich dem Sohn...)
    Der Vater empfahl dem Lehrer nicht zu widersprechen.
    (Der Vater empfahl vermutlich dem Lehrer / Objekt und Subjekt werden nicht unterschieden, unklar, wer gemeint ist)
    Der Vater empfahl dem Lehrer, nicht zu widersprechen.
    (Der Vater empfahl dem Lehrer...)
    Der Vater empfahl dem Lehrer nicht zu widersprechen.
    (Objekt und Subjekt werden nicht unterschieden, unklar, wer wem was empfiehlt bzw. nicht empfiehlt)
    Der Vater empfahl dem Lehrer nicht, zu widersprechen.
    (Der Vater widerspricht, dem Lehrer etwas empfohlen zu haben...)
    Der Vater empfahl dem Lehrer nicht zu widersprechen.
    (Objekt und Subjekt werden nicht unterschieden, unklar, wer wem was empfiehlt bzw. nicht empfiehlt)
    Zum Fest schlachteten sie eine fette Gans, und den kleinen Peter luden sie zum Essen ein.
    (Die fette Gans wird geschlachtet, Peter wird eingeladen.)
    Zum Fest schlachteten sie
    eine fette Gans und den kleinen Peter
    luden sie zum Essen ein.
    (Werden Peter und die Gans geschlachtet?)
    Zum Fest schlachteten sie eine fette Gans und den kleinen Peter, luden sie zum Essen ein.
    (Peter und die fette Gans werden geschlachtet, beide werden eingeladen.)
    Zum Fest schlachteten
    sie eine fette Gans und den kleinen Peter
    luden sie zum Essen ein.
    (auch hier werden Peter und die Gans geschlachtet...)

     

  5. Die folgenden Beispiele belegen die Inkonsequenzen und Widersprüchlichkeiten der Reform:
    bisher Neuschrieb
    eislaufen
    seiltanzen
    Eis laufen
    seiltanzen
    musikliebend
    tierliebend
    Musik liebend
    tierliebend
    unheilbringend
    heilbringend
    Unheil bringend
    heilbringend
    arbeitsuchend
    wohnungsuchend
    Arbeit suchend
    wohnungsuchend
    hochbegabt
    hochgebildet
    hoch begabt
    hochgebildet
    bisher Neuschrieb
    bewußtmachen
    klarmachen
    bewußt machen
    klarmachen
    blutsaugend
    blustillend
    Blut saugend
    blutstillend
    platzsparend
    zeitsparend
    Platz sparend
    zeitsparend
    warmlaufen
    heißlaufen
    warm laufen
    heißlaufen
  6. Beispiele für Willkürlichkeit:
    § 112: Wörter, die sprachhistorisch oder von der Herkunftssprache her gesehen Zusammensetzungen sind, aber oft nicht mehr als solche empfunden oder erkannt werden, kann man entweder nach § 108 bis § 110 oder nach § 111 trennen.

    Der Lehrer empfindet und erkennt sprachhistorisch, der Schüler aber nicht. Deswegen darf jeder so trennen wie er gerade empfindet und nach seinem jeweils momentanen Bildungsgrad, dies verrät aber gerade seinen Bildungsgrad. Dies kann seine Einstellung bei besonders kritischen Unternehmern eher behindern, weniger gebildete Schüler haben weniger Chancen. Die "Falschschreibreform" bekämpft also die Chancengleichheit der Schüler und erhöht die Chancenungleichheit.
    Beispiele für falsche Trennung:

    hi-nauf
    hin-auf
    he-ran
    her-an
    da-rum
    dar-um
    wa-rum
    war-um
    ei-nan-der
    ein-an-der
    vol-len-den
    voll-en-den
    Klei-nod
    Klein-od
    Lie-be-nau
    Lie-ben-au
    Chry-san-the-me
    Chrys-an-the-me
    Hek-tar
    Hekt-ar
    He-li-kopt-er
    He-li-kop-ter
    in-te-res-sant
    in-ter-es-sant
    Lin-ole-um
    Li-no-le-um
    Päa-ag-o-gik
    Pä-da-go-gik

 

Wenn bei der Trennung die Rechtschreibregeln nicht mehr so streng angewandt werden sollen, wie soll ich dann unterscheiden:

"Spre-cher-war-tung" (der Sprecher wird gewartet)
"Sprech-er-war-tung" (ich erwarte ein Sprechen) und
 
"Tee-nager" (nagt am Tee)
"Teen-ager" (zwischen 10 und 20 Jahre alt)
 
"Hö-rer-fah-rung" (der Hörer wird gefahren)
"Hör-er-fah-rung" (die Erfahrung des Hörers)
 
"Ban-kein-zug" (es fährt eine falsch geschriebene Bahn, jedoch kein Zug)
"Bank-ein-zug" (Die Bank zieht das Geld ein)
 
"He-li-kopt-er" (helikopt er oder helikopt er nicht?)
"He-li-kop-ter" (Hubschrauber)

Und auch für Ausländer wird das Erlernen der deutschen Sprache schwieriger. Wie soll ich einem Ausländer erklären, daß ein Fußball irgendwohin fliegt, und wenn er über die Linie fliegt im "Aus" landet, wenn jetzt falsch getrennt wird: "hi-naus" ? Fliegt jetzt der Ball irgendwo hi- in das Naus? - Das ist völlig unlogisch und irregulär. Irreguläre Regeln sind schwerer zu lernen als Regeln. Der Ball fliegt hin in das Aus, also: "hin-aus".
 
Diese Liste ließe sich fast endlos fortsetzen

 

 
 

Schreibweisen bei Rechtschreibreform teilweise willkürlich geändert

Die sogen. "Rechtschreibreform" ist also eine "Falschschreibreform". Sie ist dilettantisch und zeugt von wenig Sprachkenntnis der Reformer. Sie eliminiert die Linguistik aus der deutschen Sprache. Ohne Grund wurden bisher klare Schreibweisen teils willkürlich geändert, teils aber auch nicht, alles ohne einsichtige Regeln sondern mit mangelndem Sprachwissen, also dilettantisch. Sie sollte so schnell wie möglich im Papierkorb verschwinden. Viele reden dabei von den 12 Millionen Kindern, die das bereits gelernt haben, keiner redet von den 20 Millionen Studenten, die sich bei Betrieben nun mit jew. unterschiedlicher Rechtschreibung vorstellen müssen (meine Studenten sind z.B. zukünftige Unternehmensberater und Werbefachleute), keiner redet von den 80 Millionen Deutschen. Und diese 12 Millionen Kinder finden in den Buchregalen (von Luther über Lessing, Goethe, Schiller, Heine, Tucholsky, Brecht bis Günter Grass) nicht die Rechtschreibung, die sie jetzt lernen, wie soll man ihnen diesen Widerspruch erklären? Das ist eine wahre Katastrophe. Eine Volksabstimmung wird von vornherein abgelehnt, weil diese nach bisherigen Zahlen negativ ausgehen würde: 75% der Deutschen sind gegen die "Falschschreibreform". Das letzte Argument sind nun die armen Schulverlage. Aber auch für 200 Millionen Euro lasse ich mir nicht meine Sprache verhunzen. Und die Schulverlage haben ja bisher nicht schlecht verdient.

Der Duden forscht ja auch nicht nach der Sprache sondern nur nach deren Gebrauch, also auch nach deren falschem Gebrauch. Er ist auch nicht berechtigt, die Rechtschreibung nach einem häufigeren falschen Gebrauch festzulegen oder gar zu verordnen, er soll nur aufschreiben, was alles in Gebrauch ist. Der jetzt verordnete falsche Gebrauch ist schwerer zu erlernen als der richtige Gebrauch. Es sollte offensichtlich die häufiger gebrauchte Falschschreibung eingeführt werden. Dies wird die Pisa-Studie jedoch auch nicht nicht zum Positiven wenden (oder wänden? - also vor die Wand fahren?) - Keiner käme auf die Idee, Verkehrszeichen abzuschaffen, damit der Führerschein leichter zu machen ist!

 

Rechtschreibreform ist eine Verschlimmbesserung

 

 

Beispiele des häufigeren aber leider falschen Gebrauchs, der mit der Rechtschreibreform Regel wurde:


Denkmäler - statt Denkmale (es heißt aber nicht "einigemäler" oder "manchmäler" oder "Brandmäler" oder "Muttermäler" oder "Schicksäler")
Generäle - statt Generale: "Generale" ist die Abkürzung für "generale Offiziere". Generäle sind somit "generäle" oder generelle Offiziere, was immer das sein mag)
Admiräle - statt Admirale (Admiräle sind somit "admiräle" Offiziere, was immer das sein mag)
Feuerwehrmänner/Feuerwehrfrauen - statt Feuerwehrleute (Feuerwehrfrauen sind die Frauen von Feuerwehrleuten)
Bankmänner/Bankfrauen - statt Bankleute (Bankfrauen liegen auf einer Parkbank)
Kaufmänner/Kauffrauen - statt Kaufleute (Kauffrauen sind Frauen, die man kaufen kann, wie ein Kaufangebot ein Angebot ist, das man kaufen kann)
Staatsmänner/Staatsfrauen - statt Staatsleute (Staatsfrauen sind staatlich zugelassene Frauen, welche Frau ist das nicht?)
Seemänner/Seefrauen - statt Seeleute (Seefrauen haben einen Fischschwanz)
Hauptmänner/Hauptfrauen - statt Hauptleute (Hauptfrau ist die erste Frau im Harem)
Kameramänner/Kamerafrauen - statt Kameraleute (Kamerafrauen sind Ehefrauen einer Kamera, wie das gehen soll weiß ich auch nicht)
auch diese Liste sich weiter fortsetzen.


Nun haben wir eine dilettantische "Verschlimmbesserung". Aus der reichen deutschen Sprache wird reduziertes Volksschuldeutsch. Wir haben uns geeinigt auf den unteren Bildungsgrad der ersten Volksschulklassen. Was wir dringend bräuchten, wäre eine "Deutsche Akademie" (Präsentationstraining der Deutschen Sprache wie sie der Verein der deutschen Sprache fordert), ähnlich der "académie française", mit Fachwissen und gesetzlicher Autorität unabhängig von den Politikern. Bis dahin sollten wir unsere Sprache so behalten wie sie gewachsen ist und sie auch so schreiben, wie sie in den Büchern (außer den paar neuen Schulbüchern) steht und die Falschschreibreform in den Papierkorb werfen.

 

Kein größerer Schaden kann einer Nation zugefügt werden, als wenn man ihr den Nationalcharakter, die Eigenheit ihres Geistes und ihrer Sprache nimmt.
Immanuel Kant

 

Das scharfe „ß“

 

1. Wenn das „ß“ (“sz“) in Zukunft wieder durch „ss“ ersetzt werden soll, wie das bis zur Rechtschreibreform 1901 geschrieben wurde, wie soll ich dann die zwei folgenden, sich widersprechenden Aussagen voneinander unterscheiden:

Sie kamen in „Massen“... (sehr große Anzahl)

Sie kamen in „Maßen“... (geringere Anzahl)

Und wenn das „ß“ nicht durchgängig ersetzt werden soll, warum dann nur bei einigen wenigen Wörtern und mit welchem Grund gerade bei diesen Wörtern? Um bei rechtschreibunkundigen Kindern bessere Noten zu erzie-len? Dazu bräuchte man keine Rechtschreibreform, die in diesem Fall ja auch eine Sprachreform ist. Dazu hätte eine einfache Verordnung der Kultusminister genügt, etwa: Schreibfehler mit dem scharfen „ß“ werden nicht bewertet...“ oder so ähnlich. Das alles ergibt also keinerlei Sinn.

Außerdem müßte das „ß“ dann ja nicht durch „ss“ ersetzt werden, sondern durch „sz“, also Schreibweise: „dasz...“ (wie zu Mozarts Zeiten). Das „ß“ ist ja letztendlich ein „s“ und ein „z“, welches 1901 zu einem neuen Buchstaben zusammengesetzt wurde. International hat sich das „ß“ längst durchge-setzt: in der internationalen HTML-Sprache heißt das ß: „ß“, der Kern ist also s+z. Die Begründung für die Änderung von „daß“ auf „dass“ war, daß nach einem kurzen Vokal ein verdoppelter Konsonant folgen müsse. Dies ist aber eine unreale Sicht der vorhandenen Sprache. Erstens wird in den unterschiedlichen Bundesländern unterschiedlich ausgesprochen, zwei-tens müßte dann das einfache „s“ völlig wegfallen: „Graß“, „Glaß“, „und waß sonst auch immer noch...“.

 

Algorithmus

Die möglichen Fehlerquellen liegen nicht in der Schreibweise sondern in der Grammatik. Der Algorithmus der deutschen Grammatik ließ sich bisher in kein automatisches Grammatik-Korrekturprogramm im Computer fassen, genausowenig der französische, spanische, italienische, russische, tschechische, japanische usw. sondern nur der englische, weil die englische Sprache eben kaum Grammatik hat. Sie kommt aus dem norddeutschen (Alt-) Angelsächsischen, welches nur eine recht verstümmelte Grammatik besitzt. Dazu kam eine weitere Verstümmelung durch das Hinzukommen der Dänen, die noch weniger Grammatik hatten. Lesen Sie dazu die Ausführungen der englischen Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Fraser (Handbuch der Rhetorik Seite 265).

 

 

Sinnveränderung duch veränderte Schreibweise

Durch die veränderte Schreibweise wandelt sich die Bedeutung der Wörter und Sätze. Viele Begriffe werden aus der Schriftsprache entfernt:

 

bisher                                             Neuschrieb

alles beim alten lassen                  alles beim Alten lassen
(beibehalten)                                 (beim alten Herrn lassen)

 

er tut mir leid                                 er tut mir Leid
(ich bedaure ihn)                          (er fügt mir Leid zu)

 

das Schwarze Brett                     das schwarze Brett
(Anschlagtafel)                            (Brett von schwarzer Farbe)

 

das Hohe Haus                             das hohe Haus
(Eigenname für Parlament)         (das nicht niedrige Haus /Gebäude)

 

schiefgehen                                 schief gehen
(mißlingen)                                 (schräg gehen)

 

wohlgetan                                    wohl getan
(gut getan)                                 (vermutlich getan)

 

schlechtmachen                     schlecht machen 
(schlecht kritisieren)              (pfuschen)

 

Dazwischenkommen              dazwischen kommen 

(einmischen, einschreiten) (Orgasmus zwischendurch?)

 

Der Vater empfahl, dem Lehrer        Der Vater empfahl dem Lehrer
nicht zu widersprechen.                     nicht zu widersprechen.
(Der Vater empfahl - vermutlich         (Der Vater empfahl vermutlich dem
dem Sohn...)                                      Lehrer / Objekt und Subjekt werden nicht unterschieden, unklar, wer gemeint ist)

 

Zum Fest schlachteten sie eine         Zum Fest schlachteten sie
fette Gans, und den kleinen               eine fette Gans und den kleinen Peter
Peter luden sie zum Essen ein.         luden sie zum Essen ein.
(Die fette Gans wird                          (Peter und die Gans werden beide
geschlachtet, Peter wird                     geschlachtet und beide eingeladen)
eingeladen.)

 

 

Widersprüchlichkeiten

Die folgenden Beispiele belegen die Inkonsequenzen und Widersprüchlichkeiten und pure Willkür der Reform. Außerdem ändert sich durch die neue Schreibweise die festgelegte Betonung der Wörter (unterstrichen) und somit der Sinn:

 

bisher                             Neuschrieb

eislaufen (Kunstlauf)      Eis laufen (das Speiseeis läuft)

 

seiltanzen                     seiltanzen

 

bewußtmachen             bewußt machen

(es wird bewußt)          (es wird „gemacht“ aber nicht bewußtgemacht)

 

klarmachen                 klar machen

 

musikliebend                 Musik liebend
(Eigenschaft)                 (nicht hassend)

 

tierliebend                     tier liebend

 

blutsaugend                 Blut saugend
                                    (es wird nur gesaugt)

 

blutstillend blutstillend

 

unheilbringend Unheil bringend (es wird gebracht)

 

heilbringend heilbringend

 

platzsparend Platz sparend (es wird gespart)

 

zeitsparend zeitsparend

 

arbeitsuchend Arbeit suchend (es wird alles gesucht,

 

unter anderem auch Arbeit)

 

wohnungsuchend wohnungsuchend

 

warmlaufen warm laufen (es wird erst gelaufen wenn

 

(man läuft bis man warm ist) man warm ist)

 

heißlaufen heißlaufen

 

hochbegabt hoch begabt (längst begabt)

 

hochgebildet hochgebildet

 

Die neue Schreibweise verändert die festgelegte Betonung der Wörter und damit den Sinn.

Die Begründung für die neue Schreibweise „Eis laufen“ anstatt „eislaufen“ war die Sucht zur „Vereinheitlichung“ (ein schreckliches deutsches Wort). Man schrieb „Rad fahren“ aber „eislaufen“. „Rad fahren“ wurde zum Vorbild. Jedoch es läuft ja nicht das Eis (außer das Speiseeis), es fährt ja nicht das Rad von alleine. Mit der Schreibweise „Eis laufen“ wurde die Entwicklung der Sprache zurückgedreht und das Speiseeis angesprochen.

Hätten wir zwanzig Jahre gewartet hätte sich „radfahren“ durchgesetzt, ein Duden im Sinne seines Gründers hätte dies bestimmt aufgenommen..

 

Beispiele für Willkürlichkeit

 

§ 112: Wörter, die sprachhistorisch oder von der Herkunftssprache her gesehen Zusammensetzungen sind, aber oft nicht mehr als solche empfunden oder erkannt werden, kann man entweder nach § 108 bis § 110 oder nach § 111 trennen.

 

Der Lehrer empfindet und erkennt sprachhistorisch, der Volksschüler aber nicht. Deswegen darf jeder so trennen wie er gerade empfindet und nach seinem jeweils momentanen Bildungsgrad, daraus entsteht ein Chaos:

 

Lehrer:

Beispiele:

Schüler:

hin-auf

 

hi-nauf

her-an

 

he-ran (ran an den Mann)

dar-um

 

da-rum (rechts- oder linksrum?)

war-um

 

wa-rum (wer lief um was rum?)

ein-an-der

 

ei-nan-der (mit Eiern?)

voll-en-den

 

vol-len-den (mit vollen Lenden?)

Klein-od

 

Klei-nod (mit Kleie?)

Lie-ben-au

 

Lie-be-nau (Liebe now?)

Chrys-an-the-me

Chry-san-the-me (keine Chrys-Pflanze)

Hekt-ar

 

Hek-tar (ohne einen einzigen Ar?)

He-li-kop-ter

 

He-li-kopt-er (oder helikopt „er“ nicht?)

Li-no-le-um

 

Lin-ole-um (um was olt wer um?)

grau-silbern

 

graus-ilbern (ein Graus)

„silbern“ mit stimmhaftem „s“

„graus“ mit stimmlosem „s“

(da am Beginn einer Silbe)

(da amEnde einer Silbe)

 

Wenn bei der Trennung die Rechtschreibregeln nicht mehr so streng angewandt werden sollen, wie soll ich dann unterscheiden:

„Sprech-er-war-tung“ (ich erwarte ein Sprechen) und „Spre-cher-war-tung“ (der Sprecher wird gewartet) „Teen-ager“ (zwischen 10 und 20 Jahre alt) „Tee-nager“ (nagt am Tee)

„Hö-rer-fah-rung“ (der Hörer wird gefahren) „Hör-er-fah-rung“ (die Erfahrung des Hörens)

Diese Liste ließe sich fast endlos fortsetzen. Es wurde nie auf die Aussprache, den Sinn und die Historie eines Wortes geachtet sondern nur auf den momentanen Gebrauch, der in der Mehrheit ja falsch ist. Schauspieler, Schriftsteller, Akademiker und andere Menschen, die die deutsche Sprache besser beherrschen, sind ja leider nicht in der Mehrheit... (Pisa läßt grüßen)

 

 

Rechtschreibreform und Duden - Interview mit Prof Glück

 

Interview mit Prof. Dr. Helmut Glück zur Rechtschreibreform

 

Die allgemeine Empörung über neue Rechtschreibregelungen schwindet; viele ihrer Anhänger fordern die bedingungslose Anwendung, ohne die Regeln genau zu kennen oder Hintergründe und Konsequenzen  beurteilen zu können. Wir befragten dazu einen der renommiertesten deutschen Linguisten, Professor Dr. Helmut Glück. Obwohl sich manche Anglizismenjäger feindselig über Germanisten äußern, sprach er gern mit uns.

 

Sprachnachrichten: Herr Professor Glück, was halten Sie vom derzeitigen Stand der Rechtschreibreform?

Glück: Wenig. Immerhin haben die Aufräumarbeiten inzwischen begonnen.

 

Der Staat kann Privatpersonen nicht befehlen, wie sie zu schreiben haben, aber er kann es seinen Organen und Behörden vorschreiben, also auch Schulen und Universitäten. Fühlen Sie sich gemaßregelt?

Nicht persönlich. Im Falle eines Konflikts wäre ich in der Lage zu begründen, wie meine Orthographie beschaffen ist und warum ich so schreibe, wie ich schreibe. Die Lehrerinnen und Lehrer an den  Schulen haben es da schwerer. Sie müssen sich an widersprüchliche Regelungen halten und den Kindern Schreibungen beibringen, die teilweise falsch sind falsch, weil sie grammatische Gesetze verletzen. Dennoch stehen sie so im  Duden.

 

Sie haben kürzlich vehement gefordert, Examensarbeiten nur zu werten, wenn Rechtschreibung, Zeichensetzung und Stil korrekt sind. Wie müssen Ihre Studenten schreiben, wenn sie nicht in Ungnade fallen wollen?

Es ging nicht um eine Neuerung, sondern darum, daß ein  Prüfungsausschuß meiner Universität öffentlich in Erinnerung gebracht hat, was eine geltende Prüfungsordnung vor schreibt, nämlich: Abschlußarbeiten müssen in deutscher Sprache abgefaßt sein. Der Ausschuß hat aufgrund von Beschwerden  –  lediglich erläutert, was das bedeutet. Es ging nicht um Gnade oder Ungnade, sondern  um eine Selbstverständlichkeit: Eine akademische Abschlußarbeit muß sprachlichen Mindestanforderungen genügen. Sonst gibt es eine Quittung – über die Note!

 

Ist die Rechtschreibung Gegenstand von Forschung  und  Lehre an den Universitäten, oder überläßt man das Thema einem (Oberlehrer-) Gremium wie dem „Rat für deutsche  Rechtschreibung“?

Die Rechtschreibung ist seit langem Gegenstand von Forschung und Lehre. Seit wenigstens 20 Jahren wird intensiv über die grammatischen und historischen Grundlagen der deutschen Orthographie geforscht. Man weiß heute  sehr viel mehr über die vor allem syntaktischen Mechanismen, die die Getrennt- und Zusammenschreibung und die Klein- und Großschreibung steuern, als man 1996 wußte, in dem Jahr, in dem die fatale „Neuregelung“ der deutschen Rechtschreibung dekretiert wurde. 1996 wurde vieles aus purer Unkenntnis falsch gemacht. Auch die Regeln, denen die Wortbildung, die Formenbildung und die Schreibung von Fremdwörtern im Deutschen unterliegen, verstehen wir besser als vor zehn Jahren. Das Thema Rechtschreibung war und ist nicht   dem „Rat für deutsche Rechtschreibung“ (er wurde Ende 2004 eingerichtet) oder seinen Vorgängern überlassen gewesen. Daß man sich im Vorläufer-Gremium  dieses  Rates, der „Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung“, für Forschungsergebnisse nicht interessierte oder sie, schlicht und ergreifend, nicht verstand, muß allerdings erwähnt werden.

 

 

Wenn Sie in seltenen Einzelfällen Zweifel haben, was wir auch bei Ihnen nicht ausschließen wollen, schlagen Sie dann im Duden oder im Wahrig nach? Und wie entscheiden Sie sich, wenn beide voneinander abweichen?

Inzwischen sind die Varianten ein lästiges Problem. Sie kamen dadurch zustande, daß  bei  vielen problematischen oder offensichtlich  falschen „Reform“-Schreibungen inzwischen wieder die strukturell richtige alte Schreibung zugelassen ist, aber eben  nur  als  Variante.  Die falsche „Reform“-Schreibung gilt leider meist weiterhin. Der Duden stellt stets die „Reform“-Schreibung an die erste Stelle und die „alte“ Schreibung dahinter. Auf diese Weise versucht die Duden-Redaktion, die selbst an den mißratenen „Reformen“ beteiligt war, die „Reform“ doch noch unter die Leute zu bringen. Der Wahrig ist mir an diesem Punkt sympathischer, dort findet man die richtige Schreibung leichter. Im Wahrig steht zwar die „Reform“-Schreibung auch als Leitvariante, aber dann kommt ein „auch“, und dahinter steht dann die richtige Schreibung. Beim Duden heißt sie, wenn sie überhaupt vorkommt, „alte Schreibung“, und sie steht in eckigen Klammern. Ein Beispiel: der Duden hat „selig sprechen“ und „selig preisen“ und danach „[alte Schreibung: seligsprechen, seligpreisen]“. Der Wahrig verzeichnet nur die beiden richtigen Schreibungen „seligsprechen“ und „seligpreisen“. Deshalb schaue ich eher im Wahrig nach, wenn es einmal nötig ist.

 

 

Interview geführt Mit "Sprachnachrichten"

 

Die Deutsche Rechtschreibung und ihre Reform
 

Der Tagesspiegel" im Interview mit Peter Einsenberg Wer sich ärgert und was sich ändert


Der Linguist Peter Eisenberg meint: Man kann die Orthografie der Bevölkerung nicht überstülpen
 

Herr Eisenberg, nach Einschätzung der Zwischenstaatlichen Kommission hat sich die Rechtschreibreform insgesamt bewährt. Teilen Sie diese Ansicht?

Mir ist diese Einschätzung der Kommission völlig unverständlich. Nach der jüngsten Umfrage befürworten nur 13 Prozent der Deutschen die Reform. Das ist ein Ergebnis, das die Kommission erschrecken sollte. Vor allem, weil die Reform ja seit 1996 mit allen Mitteln durchgesetzt wurde.

Wo sehen Sie die größten Schwächen?

Vor allem in der Getrennt- und Zusammenschreibung. Die Neuregelung hat gravierende Folgen für das Deutsche. Es ist nicht übertrieben, hier von einem Zerstörungsprozeß zu sprechen. In den Zeitungen etwa wird viel mehr auseinander geschrieben, als zulässig ist. Es entstehen Gebilde wie "Blut befleckt" oder "tief gründig", die es gar nicht gibt. Dafür trägt die Zwischenstaatliche Kommission die Verantwortung.

Hat die Reform nicht den Vorteil, daß mehr Varianten erlaubt sind als früher? Das scheint doch benutzerfreundlich zu sein.

Nein, das ist überhaupt keine Erleichterung, sondern eine Zerstörung der Sprache, die aus einer tiefen Verunsicherung herrührt. Im Grunde ärgert sich jeder über solche Gebilde. Wie der Lateiner so schön sagt: Aus dem Falschen folgt das Beliebige. Die Folgen für die Sprache sind unabsehbar. 

Reformkritiker sagen, mit dem vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission, den die Kultusfninister jetzt verabschieden wollen, würde es zu tausend Änderungen gegenüber der bisherigen Fassung der Regeln kommen. Stimmt das?

Die jetzige Situation ist für alle, die mit Sprache zu tun haben, unakzeptabel: für Lehrer, Kinder, Schriftsteller, Journalisten oder Sprachwissenschaftler. Man kann die Reform aber nicht verbessern, ohne etwas zu ändern. Es ist eine böswillige Unterstellung zu behaupten, es gebe jetzt tausend Änderungen. Wenn man eine Regel verändert, sind davon natürlich tausende von Wörtern erfasst. Aber verändert wird nur ein Typus.

Zum Beispiel?

Der Typus direktes Objekt und Partizip. Vor der Reform war es erlaubt, "fleischfressend" oder "Fleisch fressend" zu schreiben. Nach der Reform durfte man aber nur noch "Fleisch fressend" schreiben, entsprechend etwa "Öl suchend" oder "Wasser abweisend". Nachdem großer Druck ausgeübt wurde, ist das jetzt rückgängig gemacht worden. Das ist ein richtiger Schritt.

Die Öffentlichkeit ärgert sich immer, wenn wieder etwas geändert wird. Doch auch die Akademie für Sprache, die die Kultusminister wegen des Protests einbezogen haben, wollte doch Änderungen?

Weil die Reform schlecht und unakzeptabel ist. Oder wollen Sie zum Beispiel "des Weiteren" schreiben? Der Standpunkt der meisten Sprachwissenschaftler ist der: Man muß sich ansehen, wie Sprache und Schrift sich entwickeln und welche Vereinheitlichungen sich dabei herausbilden. Nichts anderes hat Konrad Duden jahrzehntelang gemacht. Er wäre nie auf die Idee gekommen, seine Regeln am Schreibtisch zu konstruieren und sie dann der Sprache überzustülpen. Die Kommission dagegen hat sich nie die Mühe gemacht zu beobachten, wie die Menschen wirklich schreiben.

Wie sind die Wünsche der Akademie noch eingeflossen?

Keine Ahnung. Jedenfalls ist nichts Wesentliches aufgenommen worden.

Noch immer lehnt fast die Hälfte der Bevölkerung die Reform ab. Was hätte man von Anfang an anders machen können, um nicht solchen Widerstand zu ernten?

Man hätte einfach auf die ganze Reform verzichten sollen.
 

ZUR PERSON
Peter Eisenberg (geb. 1940) ist Professor für Deutsche Sprache an der Universität Potsdam.

1997/98 war er Mitglied der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung, die er aus Protest verließ.

Seit 1998 ist er Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, die zuletzt auf Wunsch der Kultusministerkonferenz Gespräche mit der Zwischenstaatlichen Kommission über Änderungen der Rechtschreibreform führte.

Peter Eisenberg legt Wert auf die Feststellung, daß er sich hier nicht als Mitglied der Akademie äußert, sondern als Linguist.

Sie sahen keinen Bedarf für Änderungen?

Nein, obwohl der Duden in der Tat unlesbar war. Man hätte das dortige Regelwerk neu formulieren müssen. Das hätte aber an der Schreibweise der Wörter fast gar nichts geändert. Zum Beispiel gab es im alten Duden 32 Regeln für das Komma beim Infinitiv, also für Sätze wie: "Er hoffte, beim Tagesspiegel angestellt zu werden" und so weiter. Als junger Assistent habe ich diese 32 Regeln auf sechs reduziert, habe aber dieselben Kommata damit erzeugt. Man hätte also versuchen müssen, die Regeln zu systematisieren. Das hätte nur zu ganz kleinen Änderungen in der Schreibung geführt, über die sich niemand aufgeregt hätte.

Warum hat man das dann nicht gemacht?

Die Reform ist politisch motiviert. Sie geht zurück auf Anstrengungen in der DDR der siebziger Jahre, wo eine Arbeitsgruppe neue Regeln aufstellte. Das war eine Bedrohung für die Einheit der deutschen Sprache. Die Bundesrepublik stand unter Druck und mußte verhandeIn. Nach der Wende haben wir gehofft, daß es nun andere Probleme gibt. Aber der Zug war nicht mehr zu stoppen. Einer meiner Kollegen hat die Reform deshalb "Honeckers Rache" genannt.

Wird es bei den jetzigen Regeln bleiben?

Wir werden weiter alles tun, um das zu verhindern. Sie sehen ja, daß sich etwas bewegt. Zuerst haben die Kultusminister sieben Jahre gemauert. Dann haben sie der Kommission doch die Akademie zur Seite gestellt. Sie haben eingesehen, daß die Kommission nicht zurechtkommt. Inzwischen soll die Kommission sogar durch ein neues Gremium ersetzt werden. Hoffentlich wird es kompetent und beschlußfähig sein, denn so darf die Reform nicht bleiben.

Das Gespräch führte Anja Kühne


 

Die Vereinfachung der deutschen Rechtschreibung

So könnte man die Rechtschreibreform weiter führen...

Wegfall der Großschreibung:

einer sofortigen einführung steht nichts im weg, zumal schon grafiker und werbeleute zur kleinschreibung übergegangen sind.

wegfall der dehnungen und schärfungen:

dise masname eliminirt schon di gröste felerursache in der grundschule, den sin oder unsin unserer konsonantenverdopelung hat onehin nimand kapirt.

v und ph werden durch "f" - z, tz und sch werden durch "s" ersetzt:

das alfabet wird um swei buchstaben redusirt! sreibmasinen und sesmasinen werden dadurch fereinfacht und wertfole arbeitskräfte könen der wirtsaft sugefürt werden.

q, c und ch werden durch "k" - j und y werden durch "i" - pf wird durch "f" ersest:

sind son seks bukstaben ausgesaltet. die sulseit kan sofort fon neun auf swei iare ferkürst werden. anstat aksig prosent reksreibunterikt könen nüslikere fäker wi fisik, kemi oder reknen ferstärkt gelert werden.

di seiken ä, ö und ü weren durk "a" ,"o" und "u" ersest:

ales uberflusige ist iest ausgemerst di otrogafi ist wider slikt und einfak! naturlik benotigt es einige seit, bis ierder mit diser fereinfakung riktig ferdraut ist sasungsweise ein bis swei iare.

anslisend durfte als nakstes sil die fereinfakung der nok swirigeren und unsinigeren gramatik anfisirt werden.

 

 

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Letztes Update: 06. Juli 2022