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These vom prozessualen Denken

Die These vom prozessualen Denken

Wir müssen wieder prozessuales Denken lernen.

Wir haben im Lauf des Lebens gelernt, möglichst systematisch zu denken. Dies hilft auch meist gut weiter, und natürlich muß man auch seine Rede systematisch gliedern. Allerdings treten beim Reden Situationen auf, in der die Systematik uns nicht weiterhilft, so z.B. bei einem Zwischenruf oder sonstiger Unterbrechung, wenn ich extemporiere, d.h. einen Punkt ausführlich behandle, den ich nicht geplant hatte, den ich vielleicht vom Vorredner übernehme, um ihn anzugreifen oder um ihn - wenn er zu meiner Partei gehört - zu verteidigen. Und dann kommt der bekannte Effekt: ich habe den Roten Faden verloren oder weiß nicht mehr, wie ich das, was ich sagen will, in meine Systematik einpacken kann. In dieser Situation setze ich meine These vom prozessualen Denken ein. Ich habe dieses vom Computer und seinem Prozessor gelernt:

Der Prozessor fragt nie nach einer Systematik, sondern entscheidet nur JA oder NEIN. (Um Mißverständnissen vorzubeugen: das Computerprogramm arbeitet natürlich systematisch, Systematik ist durch Lötung oder im sogen. BIOS oder in einem Programm einprogrammiert. Der Prozessor selbst arbeitet aber in jedem Moment nur digital, also mit "0" oder "1").

Genau dieses setze ich in der oben beschriebenen Situation an. Ich frage nicht nach dem Woher und nicht nach dem Wohin, sondern setze etwas ein, was ich wiederum auf der Bühne gelernt habe: nämlich die "Entscheidung zur nächstbesten Lösung". Wenn ich z.B. einen Blick nach seitwärts spielen soll und überlege in diesem (improvisatorischen) Moment, ob nach rechts oder nach links, dann stockt mein Spiel. Also überlasse ich mich ganz dem Augenblick und nur der einen Entscheidung und entscheide mich prozessual und mit JA oder NEIN zur nächstbesten Lösung. Ich entscheide nur diesen einen Moment und lasse alle andere Überlegungen aus dem Spiel. So bleibe ich im Spiel. Auffallen würde nämlich nur, wenn ich zögerte. Und es ist manchmal wirklich gleichgültig, ob ich in dieser Situation erst diesen und danach den andern Punkt behandle oder umgekehrt. Ich muß nur im Fluß bleiben.

Dieses hilft mir immer. Dadurch komme ich auch leicht wieder zu meinem Ausgangspunkt und zum verlorenen Roten Faden und habe mein Extempore schwungvoll und durchgehend zu Ende ausgespielt, zumal, da ich mich auch auf meine emotionale Intelligenz verlasse.

 

Rhetorik

 

Letztes Update: 18. März 2017