Rhetorik: die Eitlen... (Nietzsche)
"DIE EITLEN"
aus "Also sprach Zarathustra" (Friedrich Nietzsche)
- Dies aber ist meine andere Menschen-Klugheit: ich schone die Eitlen mehr als die Stolzen.
Ist nicht verletzte Eitelkeit die Mutter aller Trauerspiele?
Wo aber Stolz verletzt wird, da wächst wohl etwas Besseres noch, als Stolz ist.
Damit das Leben gut anzuschaun sei, muß sein Spiel gut gespielt werden: dazu aber bedarf es guter Schauspieler.
Gute Schauspieler fand ich alle Eitlen - sie spielen und wollen, daß ihnen gern zugeschaut werde - all ihr Geist ist bei diesem Willen.
Sie führen sich auf, sie erfinden sich; in ihrer Nähe liebe ich's, dem Leben zuzuschaun - es heilt von der Schwermut.
Darum schone ich die Eitlen, weil sie mir Arzt sind meiner Schwermut und mich am Menschen festhalten als an einem Schauspiele.
Und dann - wer ermißt am Eitlen die ganze Tiefe seiner Bescheidenheit! Ich bin ihm gut und mitleidig ob seiner Bescheidenheit.
Von euch will er seinen Glauben an sich lernen; er nährt sich an euren Blicken, er frißt das Lob aus euren Händen. Euren Lügen glaubt er noch, wenn ihr gut über ihn lügt: denn im Tiefsten seufzt sein Herz: "Was bin ich !"
Und wenn das die rechte Tugend ist, die nicht um sich selber weiß: nun, der Eitle weiß nicht um seine Bescheidenheit! -